„Der so genannte Anti-Terror Kampf am Beispiel der Kurdinnen und Kurden im Lichte internationalen Rechts“

Bonn, Internationale Fachtagung, 6. – 8. Februar 2015

Bonner Abschluss-Resolution

Nach intensiver Befassung der TeilnehmerInnen der Fachtagung mit

  • dem Selbstbestimmungsrecht der KurdInnen
  • dem Konzept des Terrorismus und
  • dem rechtlichen und politischen Lösungsweg

kommen diese zu folgendem Ergebnis:

Das kurdische Volk in den Staaten des Nahen-Ostens (Türkei, Syrien, Irak, Iran) hat das Recht auf Selbstbestimmung. Nach der Autonomen Region Kurdistan (Nordirak) hat nun mit der Einführung eines Demokratischen Autonomie-Modells in den drei Kantonen Rojavas (Nordsyrien) die dort lebende Bevölkerung diese erfolgreich zum Ausdruck gebracht. Besondere Anerkennung verdient das unter diesen Rahmenbedingungen verwirklichte friedliche Zusammenleben aller ethnisch, kulturell, religiös oder säkular geprägten Identitäten.

Die TeilnehmerInnen verurteilen die Gewaltakte des „Islamischen Staates (IS)“ und anderer Gruppen gegen Kurdinnen und Kurden, Jesiden, Turkmenen, Assyrer, Schiiten und weitere Minderheiten in der Region aufs Schärfste, besonders die anhaltende massenhafte Versklavung, Vergewaltigung und Ermordung von Frauen. Das Schicksal unzähliger jesidischer Frauen ist bislang noch immer ungeklärt. Der Kampf der bewaffneten Kräfte von YPG/YGJ und PKK gegen Angriffe des „Islamischen Staates (IS)“ und anderer Gruppen stützt sich auf das Recht auf Selbstverteidigung.

Alle am gegenwärtigen Bürgerkrieg direkt und indirekt beteiligten Seiten werden aufgerufen, das internationale humanitäre Völkerrecht zu respektieren und seine Anwendung zu gewährleisten. Die für den Feminizid und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit Verantwortlichen sind unter Anwendung des Internationalen Humanitären Völkerrechts zu verfolgen und zu verurteilen.

Es müssen die nötigen Maßnahmen getroffen werden, um die in der Region lebenden Menschen dauerhaft zu schützen. Jegliche Unterstützung des „IS“ – wobei explizit die türkische Regierung, Saudi-Arabien und der Golfstaat Katar zu nennen sind – durch finanzielle und logistische Unterstützung und Militärhilfe ist zu unterlassen.

Der Wiederaufbau der vom „Islamischen Staat (IS)“ zerstörten Regionen wie Kobanê, Șengal und andere bedarf dringend der Unterstützung durch die Europäische Union und die Vereinten Nationen. Zu dessen Unterstützung muss der ungehinderte Grenzverkehr durch die direkten Nachbarstaaten gewährleistet werden.

Zum weiteren Aufbau der Demokratie regen die TeilnehmerInnen einen Erfahrungsaustausch zur Unterstützung der Judikative in Rojava an. Hierzu wird eine internationale Delegation von JuristInnen zusammengestellt.

Die TeilnehmerInnen kommen ferner zu dem Schluss, dass insbesondere aufgrund des bestehenden Waffenstillstands und der Friedensverhandlungen zwischen der PKK und der türkischen Regierung die Grundlagen für ein Verbot der PKK mehr denn je obsolet sind.

Folgende Schritte werden daher für besonders notwendig gehalten:

Die konstruktive Fortsetzung der Friedensgespräche zwischen der türkischen Regierung und der PKK mit dem Ziel der dauerhaften Friedenssicherung und der Legalisierung der PKK und der ihr nahe stehenden Organisationen.

  • Die aktive Unterstützung des Friedensprozesses insbesondere durch die Regierungen der Länder, in denen die PKK oder ihre Betätigung verboten ist. Gleiches gilt auch für die Europäische Union.
  • Die Gewährleistung von Sicherheit und Immunität für die VerhandlungspartnerInnen beider Seiten der Friedensgespräche.
  • Um seine Rolle als Verhandlungsführer der PKK ungehindert wahrnehmen zu können, sollte Herr Abdullah Öcalan aus der Haft entlassen werden.
  • Die Ablehnung des dem türkischen Parlament vorliegenden Pakets neuer Sicherheitsgesetze zur Beschränkung des Demonstrationsrechts, der Einführung drakonischer Strafen und Ausweitung der Rechte der Exekutive im Namen der „Terrorismusbekämpfung“.
  • Die Aufhebung der in verschiedenen Ländern und in der Europäischen Union noch geltenden Verbote der PKK, der ihr nahe stehenden Organisationen und Medien sowie die Verbote für deren Betätigung.
  • Die Streichung der PKK und der ihr nahe stehenden Organisationen und Personen von den existierenden Terrorlisten einzelner Länder und der EU.
  • Die allgemeine Abschaffung der Terrorlisten in verschiedenen Ländern und in der Europäischen Union.

Wir rufen alle Jurist*innen werden auf, die Erklärung der Europäischen Jurist*innenvereinigung EJDM/ELDH e.V., von MAF-DAD e.V. und AZADÎ e.V. zu unterzeichnen und ihre Verbreitung zu unterstützen.

„PKK von der Terrorliste der EU streichen  – Betätigungsverbot aufheben – den Friedensprozess stärken – Rechtliche Neubewertung dringend notwendig“

Direkt auf der Seite der EJDM/ELDH – Kampagnen

oder per eMail an:

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Bonn, 8. Februar 2015