International Federation for Human Rights (FIDH)
Union Internationale des Avocats (UIA)
Conférence Internationale des Barreaux de Tradition Juridique Commune (CIB)
Fédération des Barreaux d’Europe (FBE)
European Democratic Lawyers (EDL / AED)
European Lawyers for Democracy and Human Rights (ELDH)
International Association of People’s Lawyers
Sollicitors International Human Rights Group (UK)
Lawyers for Lawyers (Netherlands)
Lawyer’s Rights Watch Canada (LRWC)
Demokratische Juristinnen und Juristen der Schweiz (DJS)
Fair Trial Watch (Netherlands)
Progress Lawyers Network (Belgium)
Lawyers Without Borders (Sweden)
Conseil National des Barreaux (France)
Netherlands Bar Association
Conférence des Bâtonniers de France et d’Outre-Mer
Fédération Nationale des Unions de Jeunes Avocats (FNUJA)
Syndicat des Avocats de France (SAF)
Berliner Rechtsanwaltskammer
Ordre français des Avocats du Barreau de Bruxelles
Barreau de Grenoble
Barreau de Montpellier
Barreau de Paris
Barreau de Rennes
Institut des Droits d l’Homme du Barreau de Bruxelles
Institut des droits de l’Homme du Barreau de Grenoble
Institut des Droits de l’Homme du Barreau de Montpellier
Wir, die Delegierten der oben genannten Organisationen, haben vom 16. bis einschließlich 18. Juli in Istanbul 2012 den Gerichtsprozess gegen 46 Anwält_innen, gegen drei ihrer Kanzleiangestellte und gegen einen Journalisten als Gerichtsbeobachter_innen mitverfolgt.
Wir stellen die Durchführung eines Massenprozesses fest, der gegen Anwät_innen gerichtet ist, mit dem Mittel, die Anwältinnen und Anwälte mit den Klienti_nnen und deren politischen, staatlich nicht tolerierten, Meinung gleich zu setzen. Wir erinnern daran, dass die Gleichsetzung des Anwaltes mit seinem Klienten einer Kriminalisierung des Berufes des Anwalts gleichkommt, was nicht hingenommen werden kann.
Die systematische Ablehnung der Einsprüche gegen die seit dem 22. November 2011 andauernde Untersuchungshaft der beschuldigten Anwält_innen beunruhigt uns. Seit acht Monaten sind 36 Anwältinnen und Anwälte ohne Haftgründe im Gefängnis.
Die Verteider_innen der beschuldigten Anwält_innen haben im Verlauf des Gerichtsprozesses zahlreiche prozessuale Ungereimtheiten hervorgehoben und entsprechende Anträge gestellt, unter anderem :
– die Nichtzuständigkeit des befassten Sonderstrafgerichts
– die mangelnde Benennung der vorgeworfenen Straftaten
– die mangelnde Individualisierung der Anklagepunkte gegenüber den einzelnen Beschuldigten
– die Abwesenheit eines wichtigen Entlastungszeugens im Gerichtsprozess
Alle Anträge wurden, zum großen Teil ohne Begründung, abgelehnt.
Wir Delegierten der genannten Organisationen konnten beobachten, dass die Bedingungen der Durchführung der Befragungen der Beschuldigten den Grundsätzen eines fairen Verfahrens nicht entsprachen:
– die räumlichen Kapazität des Gerichtsaales verunmöglichte zahlreichen beschuldigten Anwält_innen und deren Familien den Zugang zu den Gerichtsverhandlungen,
– die verteidigenden Anwälti_nnen, die sich Zugang zu den Gerichtsverhandlungen verschaffen konnten, waren mit prekären Bedingungen konfrontiert, die mit einer regulären Strafverteidigung nicht vereinbar sind.
Wir nehmen zur Kenntnis, dass als Ausgang dieses dreitätigen Verfahrens neun beschuldigte Anwält_innen frei gelassen wurden. Wir sind beunruhigt, dass 27 Anwält_innen nach wie vor inhaftiert sind und versichern, dass wir diesen Gerichtsprozess bis zu seinem Ende aufmerksam weiter verfolgen werden.
Wir sind ebenfalls beunruhigt darüber, dass das Gericht entschieden hat, die Verhandlungen erst am 6. November 2012 weiter zu führen und erinnern daran, dass die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten die Türkei verpflichtet, innerhalb einer kurzen Frist zu entscheiden, erst recht, da die Mehrheit Beschuldigten inhaftiert ist um ihre Inhaftierung nicht unnötig zu verlängern.
Zusammenfassend bekunden die Delegierten der genannten Organisationen angesichts des Ausgangs des dreitätigen Gerichtsverfahrens ihre große Beunruhigung gegenüber dem Ablauf des Verfahrens und gegenüber der Einhaltung der grundlegenden Garantie des Rechts auf Verteidigung. Die Delegierten der genannten Organisationen rufen die türkischen Behörden auf, alles zu unternehmen, um die gerügten Unregelmäßigkeiten zu beheben und um die Regeln eines fairen Gerichtsprozesses in diesem Verfahren zu respektieren.