EJDM Appell
Die Europäische Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt e.V. EJDM ruft die Europäischen Staaten auf, die Konvention des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) zu ratifizieren, sofern sie es noch nicht getan haben.
Die „Istanbul-Konvention“ wurde am 11. Mai 2011 zu Unterzeichnung frei gegeben und ist nach 10 Ratifikationen am 1. August 2014 in Kraft getreten.
Von den 47 Mitgliedsstaaten des Europarats haben bisher nur 19 Staaten die Konvention unterzeichnet und ratifiziert. Dies sind Albanien, Andorra, Bosnien und Herzegowina, Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Malta, Monaco, Montenegro, die Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Serbien, Slowenien, Spanien, Schweden, die Türkei. 20 Staaten einschließlich Belgien, Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Irland, und die Schweiz haben zwar unterzeichnet jedoch nicht ratifiziert. 8 Staaten, darunter Armenien, Azerbaijan, Bulgarien, Lettland, Russland, Tschechien haben noch nicht einmal unterzeichnet.
Die Istanbul-Konvention ist das erste rechtlich verbindliche Instrument in Europa auf dem Gebiet der Gewalt gegen Frauen und der häuslichen Gewalt. Sie verpflichtet die Staaten, den Opfern häuslicher Gewalt die Schutzvorschriften und Hilfen der Konvention zur Verfügung zu stellen. Ratifizierungsstaaten, die ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, Verstöße zu verhindern, zu untersuchen und zu bestrafen, können verantwortlich gemacht werden und zu Schadenersatz herangezogen werden.
Der „Erläuternde Bericht“ zur der Konvention stellt fest: „Gewalt gegen Frauen einschließlich häuslicher Gewalt stellt in Europa eine der schwersten geschlechtsspezifischen Menschenrechtsverletzungen dar, die immer noch in Schweigen gehüllt wird.“
Alle Formen der Gewalt gegen Frauen werden erfasst: sexuelle und psychologische Gewalt, Handlungen die zu wirtschaftliche Schäden führen etc.(innerhalb der Familie oder im Haushalt ungeachtet der biologischen oder gesetzlichen Bindung), einschließlich häusliche Gewalt, von der Frauen besonders stark betroffen sind. Die Konvention schützt alle Opfer häuslicher Gewalt, also auch Männer und Kinder.
Die Istanbul-Konvention legt eine Reihe von Verstößen fest, die als Gewalt gegen Frauen angesehen werden. Die Konvention verpflichtet die vertragsschließenden Parteien im Rahmen eines Asylverfahrens und bei der Bestimmung des Flüchtlingsstatus, geschlechtsspezifische Gewalt als eine Form der Verfolgung anzuerkennen.
Die Konvention kennzeichnet Gewalt gegen Frauen als Menschenrechtsverletzung und auch als geschlechtsspezifische Diskriminierung. Die diesbezüglichen Verpflichtungen des Staates werden verstärkt.
Die 81 Artikel der Konvention definieren die integrierten rechtlichen und anderen Maßnahmen, welche Staaten ergreifen müssen, um ihren Verpflichtungen gerecht zu werden, Gewalt gegen Frauen zu verhindern, die Opfer zu schützen und die Verantwortlichen zu verfolgen. Diese Maßnahmen beinhalten statistische Erhebungen, vorbeugende Maßnahmen, Schutz der Opfer und deren Unterstützung, ebenso wie rechtliche Vorschriften zur Ermittlung und Verfolgung von Straftaten.
Die Konvention schafft zudem einen Beobachtungsmechanismus, um die staatliche Verantwortung zu gewährleisten. Hierfür wurde eine unabhängige Gruppe von Expert*innen (GREVIO) vom Ausschuss der Konventionsparteien ernannt, um die Umsetzung der Konvention zu überwachen.
Die EJDM ruft alle Staaten auf, die das Übereinkommen bisher nicht ratifiziert haben, dies nunmehr ohne weitere Verzögerung zu tun. Dies erfordert das gesetzlich verbindliche Engagement der Staaten im Bestreben Gewalt zu verhindern und zu eliminieren.
Europäische Staaten welche die Konvention ratifizieren, werden die Bedeutung der Entwicklung einer umfassenden und koordinierten Politik erkennen, welche die Rechte der Opfer in den Mittelpunkt aller Maßnahmen stellt. Hierzu gehört, dass alle relevanten Akteure einbezogen werden, nationale, regionale und örtliche staatliche Stellen ebenso wie Organisationen der Zivilgesellschaft sowie andere Stellen, die in dem Zusammenhang von Bedeutung sind. Auf diese Weise kann ein ganzheitlicher Rahmen der Prävention, des Opferschutzes und der Strafverfolgung geschaffen werden, um häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen zu verhindern.