TAG DER BEDROHTEN ANWÄLTIN / DES BEDROHTEN ANWALTS

24. Januar 2017 – In Solidarität mit den bedrohten ägyptischen Anwältinnen und Anwälten

AAppell an die ägyptische Regierung zum Tag der bedrohten Anwältinnen und Anwälte

Europäische Jurist*innen fordern die Respektierung der Rechte ägyptischer Anwält*innen

Am Tag der bedrohten Anwältinnen und Anwälte wollen wir die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Schicksal von Anwält*innen lenken, die bedroht, verfolgt, gefoltert und in einigen Fällen sogar ermordet werden. In vielen Fällen ist der einzige Grund hierfür die Tatsache, dass diese Anwält*innen ihren Beruf ausüben und ihre beruflichen Pflichten erfüllen, wenn dies am meisten benötigt wird.

Der 24. Januar wurde als internationaler Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts ausgewählt, weil an diesem Tag im Jahre 1977 vier Anwält*innen und eine Angestellte in ihrem Büro in der Atocha Straße in Madrid ermordet wurden. Dieses Ereignis ist als das Blutbad von Atocha bekannt. In den vergangenen Jahren, erstmals in 2010, galt das besondere Augenmerk am Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts den Berufskolleg*innen im Iran, in der Türkei, im Baskenland (Spanien), in Kolumbien, auf den Philippinen, in Honduras.

In 2017 wird die ELDH, eine Jurist*innen Organisation mit Mitgliedern in 18 europäischen Ländern, ihre Aktivitäten an diesem Tag den bedrohten Kolleg*innen in Ägypten widmen. Viele Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International, Human Rights Watch, IDHAE und die International Commission of Jurists haben bestätigt, dass die Ägyptischen Behörden sehr schnell konkrete Schritte einleiten, um kritische Stimmen von ägyptischen Menschenrechtlern zum Schweigen zu bringen. „Ägypten durchlebt gerade die schwerste Menschenrechtskrise in der Geschichte des Landes. Täglich verschleppen Sicherheitsbehörden willkürlich drei bis vier Menschen.“ (AI Generalsekretär, 8.12.2016)

Die Telefone von Menschenrechtsaktivist*innen, Rechtsanwält*innen und Journalist*innen werden abgehört. Einschüchterungen und Bedrohungen durch Behörden sind die Regel. Nach dem Sturz von Präsident Mohamed Mursi im Juli 2013 verschlechterte sich die Menschenrechtslage dramatisch. Die Regierung schränkte das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Versammlungs – und Vereinigungsfreiheit empfindlich ein. Die Behörden gehen hart gegen Dissidenten vor, zehntausende wurden willkürlich festgenommen, viele davon in Gefangenschaft gefoltert. Sicherheitskräfte gingen mit exzessiver Gewalt gegen Protestierende vor, verübten rechtswidrige Tötungen, wurden aber strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen. Gegen Hunderte Personen ergingen nach grob unfairen Gerichtsverfahren Gefängnisstrafen oder Todesurteile. Opfer der staatlichen Verfolgung sind nicht nur angebliche Mitglieder und Unterstützer der Muslimbruderschaft sondern alle anderen Aktivist*innen der politischen Opposition, insbesondere von linken Organisationen sowie Menschenrechtsaktivist*innen.

Von den staatlichen Verfolgungen sind auch viele Anwältinnen und Anwälte betroffen, deren Mandanten Opfer staatlicher Willkür wurden. Die Anwält*innen wurde alleine deswegen festgenommen zu Gefängnisstrafen verurteilt, weil sie ihren beruflichen Pflichten nachkamen. So wurde vor wenigen Tagen die Rechtsanwältin und führende Frauenrechtsverteidigerin Azza Soliman festgenommen, weil sie gegen Polizisten ausgesagt hat, die einen Demonstranten erschossen haben und weil das von ihr mit gegründete Zentrum für Rechtshilfe für Frauen finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten haben soll.

Einige andere bekannte zum Teil immer noch inhaftierte Anwält*innen und Menschenrechtsverteidiger sind:

Dr. Ahmad Abdallah, Menschrechtsverteidiger, der die Familie des in Kairo ermordeten italienischen Forschers Giulio Regeni vertritt. Er ist Vorsitzender der ägyptischen Kommission für Recht und Freiheit (ECRF).
Malek Adly, Rechtsanwalt und Menschenrechtsverteidiger. Er arbeitet für das ägyptische Zentrum für wirtschaftliche und soziale Rechte (ECESR) und ist Mitbegründer der Verteidigungsfront für ägyptische Demonstranten (FDEP).
Hossam Baghat, Menschenrechtsverteidiger, Kairo.
Negad al-Boraei, Rechtsanwalt, Kairo.
Gamal Eid, Rechtsanwalt, Menschenrechtsverteidiger, Geschäftsführender Direktor des Arabischen Netzwerks für Menschenrechtsinformationen (ANHRI)
Mahinour al-Masry, Rechtsanwältin, Alexandria. Sie ist Mitglied der Revolutionären Sozialistischen Bewegung. 2014 hat sie den „Ludovic-Trarieux“ Menschenrechts-Preis erhalten, der jährlich von zahlreichen europäischen Anwaltskammern gemeinsam vergeben wird.
Haitham Mohamedein, Arbeitsrechtsanwalt, Menschenrechtsaktivist. Er ist Mitglied der Revolutionären Sozialistischen Bewegung.
Yara Sallam, Rechtsanwältin, Feministin, Menschenrechtsaktivistin, Forscherin in der Transitional Justice Unit, Kairo
Azza Soliman, (s.o.)
Die ELDH fordert unter anderem von der ägyptischen Regierung

Die bedingungslose Freilassung und Entschädigung aller inhaftierten Anwält*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen;
Die Einstellung aller Verfahren gegen diese und andere Anwält*innen und Menschenrechtsaktivist*innen, da diese Strafverfahren darauf abzielen, sie an friedlichen Menschenrechtsaktivitäten zu hindern.
Die uneingeschränkte Anerkennung und Anwendung der UN „Grundprinzipien betreffend die Rolle der Rechtsanwälte“ aus dem Jahr 1990 insbesondere Art. 16 und 18.
Die uneingeschränkte Anerkennung der UN Erklärung zu Menschenrechtsverteidiger*innen aus dem Jahre 1998.
Die EU wird aufgefordert, über wirtschaftliche Sanktionen, insbesondere die Einstellung von Waffenlieferungen, Druck auf die ägyptische Regierung auszuüben, damit diese die Menschenrechte respektiert. Es darf unter den jetzigen Umständen kein Flüchtlingsabkommen mit Ägypten ähnlich wie dem mit der Türkei geben. Ägypten ist ebenso wie die Türkei kein sicherer Herkunftsstaat und kein sicherer Drittstaat.

The Basic report

The appeal to the Egyptian government

Der Appell an die Ägptische Regierung