Europäische Arbeitsrechtskonferenz: Arbeitsrecht neu denken im Zeitalter der Digitalisierung

15. und 16. Oktober 2020

Einladung (Registrierung erforderlich s.u.)

Konferenzsprache ist Englisch. – Es wird Simultanübersetzung angeboten in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch

Aufgrund der Covid-19-Beschränkungen wird die Konferenz in Form von Webinaren durchgeführt, die vom Internationalen Gewerkschaftshaus (Brüssel) live gestreamt werden.

Die Erteilung einer FAO-Bescheinigung ist voraussichtlich nicht möglich, weil wir den erforderlichen Präsenznachweis aus technischen, organisatorischen und personellen Gründen nicht erbringen können.

Registrierungslink

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Das Konzept der Konferenz

Die Idee hinter der Konferenz ist es, sich konstruktiv mit den negativen Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt auseinanderzusetzen.

Covid-19 hat unser Leben auf aggressive Weise auf den Kopf gestellt. Es ist noch zu früh, um zu sagen, wie tiefgreifend die Pandemie unsere Gesellschaft verändert, aber eines scheint klar zu sein. Neue Technologien werden eine unser Arbeits- und Privatleben noch mehr durchdringende und wesentlichere Rolle spielen. Die ersten Anzeichen sind bereits vorhanden:  Diejenigen, die das können, arbeiten in ihrem Home Office über digitale Tools; viele haben sich an Essensauslieferung durch Plattformbeschäftigte gewöhnt. Darüber hinaus planen politische Entscheidungsträger weltweit die Zusammenarbeit mit Technologieentwicklern, um Anwendungen zum „Aufspüren von Viren“ zu entwickeln.

Der stetige technologische Fortschritt verändert unsere Gesellschaften radikal und hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Unternehmen, den Arbeitsmarkt und vor allem auf die Arbeitnehmer. Die von der Leyen-Kommission hat die Vertiefung der EU-Datenwirtschaft und Investitionen in die KI zu den obersten Prioritäten ihrer Agenda erklärt. Der Covid-19-Notstand hat die Abhängigkeit von Software, Daten und KI weiter verstärkt und damit die digitale Transformation in allen Sektoren beschleunigt.

Eine ernsthafte politische Diskussion über den Umgang mit den Auswirkungen auf die Arbeitnehmer und über die Angemessenheit der derzeitigen Arbeitsgesetzgebung scheint jedoch sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene zu fehlen.

Akademiker*innen, Gewerkschafter*innen und politische Entscheidungsträger*innen sind sich sehr wohl bewusst, dass die Technologie Herausforderungen für die Arbeitnehmer*innen und ihre Rechte darstellt. Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass eine Neukonzipierung (eines Teils) des gegenwärtigen normativen Rahmens notwendig ist. Doch selbst wenn in mehreren Rechtssystemen Reformen durchgeführt wurden (und weitere in Vorbereitung sind), laufen Innovationen schneller als der Erlass von Vorschriften, und die Gesetzgebung ist schnell veraltet oder nicht umfassend genug.

Die Arbeitnehmer*innen laufen daher Gefahr, in den bestehenden Arbeitsgesetzen kein angemessenes Unterstützungssystem zu finden: Häufig fällt ihre Arbeit nicht unter das traditionelle Konzept des „Arbeitsverhältnisses“; sie sind neuen Gesundheits- und Sicherheitsrisiken ausgesetzt; die Verwendung ihrer Daten liegt außerhalb ihrer Kontrolle; sie erhalten Aufsicht, Anweisungen und Überwachung durch verschiedene Stellen, während die Identität ihres Arbeitgeberin/Arbeitgebers verwischt wird.

Erhebliche Verbesserungen in Richtung eines angemesseneren Schutzes sind notwendig, und ein Wandel in der normativen Denkweise ist von grundlegender Bedeutung. Die soziale Logik des Arbeitsrechts steht auf dem Spiel; die Verabschiedung einer weitreichenden Agenda, die darauf abzielt, die Risiken der Digitalisierung für die Arbeitnehmer*innenrechte zu antizipieren – statt sie zu übersehen -, ist von entscheidender Bedeutung.

Die Konferenz bringt führende Akademiker*innen, Rechtspraktiker*innen und Gewerkschafter*innen mit der Absicht zusammen, kritisch über die wichtigsten Herausforderungen nachzudenken, die die Digitalisierung für die Arbeitnehmer*innenrechte mit sich bringt. Ziel ist es, Einblicke zu gewähren und Best Practices zum Nutzen derjenigen zu teilen, die sich beruflich mit den arbeitsrechtlichen Folgen der Digitalisierung auseinandersetzen.

Die Struktur der Konferenz:

Die Konferenz verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf das Arbeitsrecht und befasst sich mit drei Hauptthemen. Erstens geht es darum, wie das Arbeitsrecht Geschäftsmodelle, die auf Online-Apps oder Software basieren und typisch für die Plattform und die Gig-Economy sind, adäquat angehen kann. Der zweite kritische Punkt ist die Ermittlung und Behandlung der Auswirkungen der AI auf die bestehenden Arbeitnehmer*innenrechte. Die dritte Frage, die sich auf die ersten beiden bezieht, ist die Bestimmung der Auswirkungen der neuen Technologien auf das (Verhandlungs-)Machtgefälle zwischen Management und Belegschaft.

Die Konferenz bietet eine Synergie zwischen theoretischen Reflexionen und pragmatischeren Diskussionen über bewährte Praktiken. Daher wird die Konferenz in vier Blöcke gegliedert sein:

  1. Grundsatzreferate, um die verschiedenen Themenbereiche und ihre wichtigsten kritischen Punkte vorzustellen;
  2. Prozessstrategien, um Einblicke in länder- und sektorübergreifende Prozessansätze zu bieten;
  3. Strategien der Gewerkschaften und Betriebsräte, um Initiativen zur Verbesserung der Verhandlungsposition der Arbeitnehmer zu erörtern;
  4. Politische Antworten, um Überlegungen und Vorschläge zur Zukunft der Politikgestaltung in Arbeitsfragen anzubieten.

Das Programm

Donnerstag, 15. Oktober (von 13:00 bis 18:30 Uhr)

12:00-13:00 Anmeldung und Mittagessen

13:30-14:00 Eröffnung und Begrüßung

  • Nicola Countouris (EGI, Research Director)
  • Isabelle Schömann (ETUC Confederal Secretary)
    Eröffnungsstatements
  • Silvia Rainone (ETUI und ELW-Network)
    Einführung in das Programm

14:00-16:00 Panel I – Die störende Wirkung der Digitalisierung im Arbeitsrecht

Moderatorin: Aude Cefaliello

Redner*innen

  • Andreja Schneider-Dörr (Universität Bremen), Neue Geschäftsmodelle (Gig-Economy und Plattformarbeit)
  • Anna Byhowskaja (TUAC), Digitalisierung und KI bei der Arbeit: Was ist ein fairer Übergang?
  • Valerio de Stefano (KU Löwen), Master und Server: Roboter, KI und Arbeit
  • Marta Otto (Universität Lodz), Schutz der Grundrechte im Zeitalter der großen Datenmengen

Diskutantinnen

  • Agnieszka Piasna (ETUI)
  • Teresa Coelho Moreira (Universität Minho)

16:00-16:30 Kaffeepause

16:30-18:30 Panel II – Strategien für rechtliche Auseinandersetzungen

Moderator: Jan Buelens (Rechtsanwalt, ELW-Network)

Redner*innen

  • Carlo de Marchis (Rechtsanwalt), Prozessstrategien und Plattformarbeit
  • Rüdiger Helm (Rechtsanwalt), Prozessstrategien und Plattformarbeit
  • Aude Cefaliello (ETUI Forscherin), Gesundheit und Sicherheit & KI

Diskutant*innen

  • Antonio Aloisi (IE Law School)
  • Silvia Rainone (ETUI)
  • Alberto Barrio (KU Leuven – Working, Yet Poor project)

Freitag, 16. Oktober (von 9:00 bis 13:30 Uhr)

9:00-11.00 Gewerkschaften und Betriebsratsstrategien

Redner*innen

  • Orhan Akman (ver.di), Der Fall Amazon
  • Romain Descottes (CGT), Gewerkschaftsstrategien im digitalen Sektor
  • Ignacio Doreste Hernandez (EGB), Gewerkschaftsstrategien zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Plattformarbeiter*innen
  • Aline Hoffmann (ETUI), Nutzung der Beteiligung der Arbeitnehmer an der Einführung neuer Technologien in multinationalen Unternehmen: Auf dem Weg zu einem europäischen Ansatz10:45-11:15 Kaffeepause

Diskutanten

  • Fotis Bregiannis (UCL)
  • Kurt Vandaele (ETUI)

11:00 – 11:30 Pause

11:30-13:15 Politische Antworten

Redner*innen

  • Ana Carla Pereira (Kabinettsexpertin von Kommissar Schmit), EU Ansatz für Plattformarbeiter
  • Ibán García Del Blanco MEP (Europäisches Parlament) Die EU-Strategie zur künstlichen Intelligenz und arbeitsplatzbezogene Aspekte
  • Aida Ponce Del Castillo (ETUI), Wie man die Arbeitnehmer*innenrechte mit der KI und großen Datenmengen in Einklang bringt
  • Maria Helena André (ACTRAV – ILO), Überlegungen zur Zukunft der Arbeit

Diskutant*innen

  • Isabelle Schoemann (ETUC Confederal Secretary)
  • Elena Gramano (Universität Rom Tre)

13:15 – 13:30 Abschlussbemerkungen

  • Nicola Countouris (ETUI Research Director
  • Thomas Schmidt (ELW-Network und EJDM)

Kosten der Registrierung

Die Teilnahme an der Konferenz ist kostenlos. Die Kosten für Reise und Unterkunft werden von den Organisatoren nicht übernommen, mit Ausnahme von Nachwuchswissenschaftler*innen, die sich mit dem Thema der Konferenz auseinandersetzten. Um eine solche Entschädigung zu erhalten, senden Sie bitte eine Bewerbung mit einem kurzen Motivationsschreiben und einem Lebenslauf an  und . Eine Teilnahmebescheinigung nach § 15 FAO ist aus organisatorischen und personellen Gründen leider nicht möglich.

Die Organisatoren

  • Das Europäische Gewerkschaftsinstitut (EGI/ETUI) ist das unabhängige Forschungs- und Ausbildungszentrum des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). Das ETUI führt Studien zu sozioökonomischen Themen und Arbeitsbeziehungen durch und beobachtet europäische politische Entwicklungen von strategischer Bedeutung für die Arbeitswelt.
  • Das European Lawyers for Workers Network (ELW-Network) vereint Rechtsanwält*innen, Gewerkschafter*innen und Akademiker*innen, die sich die Unterstützung von Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften in ganz Europa zum Ziel gesetzt haben. Das Netzwerk fördert den Wissenstransfer unter seinen Mitgliedern, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den Strategien der Gewerkschaften und den einschlägigen Gerichtsentscheidungen liegt.
  • Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB/ETUC) vereinigt die europäischen Gewerkschaften in einem einzigen europäischen Dachverband. Der EGB vertritt 45 Millionen Mitglieder aus 90 Gewerkschaftsorganisationen in 38 europäischen Ländern sowie 10 europäische Gewerkschaftsdachverbände.
  • Die Europäische Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte e.V. EJDM/ELDH ist eine progressive, gemeinnützige Organisation, in der sich derzeit Jurist*innen aus 21 europäischen Ländern zusammengeschlossen haben, die sich unter anderem für Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten, soziale und wirtschaftliche Rechte, Demokratie, Migrant*innen und Flüchtlinge, Gleichberechtigung von Mann und Frau einsetzen.
  • VDJ Arbeitskreis Arbeitsrecht, Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V.
    https://www.vdj.de/aktivitaeten/arbeitskreise/#c168

Bei Fragen zum Programm wenden Sie sich bitte an Silvia Rainone unter:  und Thomas Schmidt unter: [i]