Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts

Juristinnen und Juristen protestieren in ganz Europa – in Amsterdam, Barcelona, Berlin, Bern, Brüssel, Düsseldorf, Den Hag, Hamburg, Madrid, Mailand, Paris, Rom, Sevilla, Utrecht und anderen Städten – gegen unbegründete und rechtswidrige Verhaftungen sowie die Behinderung von Anwältinnen und Anwälten in der Türkei

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In Düsseldorf:
Juristinnen und Juristen aus Düsseldorf und den umliegenden Kammerbezirken beteiligen sich an dieser Initiative und unterstützen die Forderungen der Initiatoren. Sie protestieren vor dem türkischen Generalkonsulat in Düsseldorf, Cecilienallee 41, 40474 – Düsseldorf,
am 24.1.2012 zwischen 11:00 und 12:00 Uhr
Anwältinnen und Anwälte werden gebeten in Robe zu erscheinen

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In Berlin:

Protestkundgebung vor der Türkischen Botschaft am 24. Januar 2012 um 14.00, Rungestr. 9, 10179 Berlin. Anwältinnen und Anwälte werden geben in Robe zu erscheinen.

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Der diesjährige Tag des verfolgten Anwalts ist den Anwältinnen und Anwälten in der Türkei gewidmet, die aus politischen Gründen inhaftiert sind, die verfolgt werden, die an der korrekten Ausübung ihres Berufes gehindert werden.

Der Tag der bedrohten Anwältin /des bedrohten Anwalts wird in diesem Jahr von drei europäischen Juristenverbänden organisiert: den Europäischen Demokratischen Anwälten (AED-EDL, www.aed-edl.net), der Europäischen Vereinigung von Juristinnen und Juristen für Demokratie und Menschenrechte in der Welt e.V. (EJDM, www.ejdm.eu), dem Institut für Menschenrechte der Europäischen Anwälte (IDHAE, www.idhae.org). Sie repräsentieren Anwältinnen und Anwälte in ganz Europa.

Der Tag der bedrohten Anwältin / des bedrohten Anwalts wurde erstmals im Jahr 2010 zur Unterstützung der Anwältinnen und Anwälte im Iran von der AED-EDL ins Leben gerufen. Der 24. Januar wurde in diesem Jahr ausgewählt in Erinnerung an 4 spanische Gewerkschaftsanwälte und einen Angestellten, die 1977 an diesem Tag in Madrid ermordet wurden (Massaker von Antocha), zwei Jahre nach dem Tod des spanischen Diktators Franco (1975), von ihm politisch nahe stehenden Organisationen.

Aus Protest gegen die unrechtmäßige und unzumutbare Behinderung von Anwältinnen und Anwälten in der Türkei und die damit verbundenen zum Teil schweren Menschenrechtsverletzungen werden am 24.1.2012 in verschiedenen Großstädten Europas Protestkundgebungen vor türkischen Botschaften und Konsulaten organisiert. Eine an die türkische Regierung adressierte Petition soll in diesem Zusammenhang überreicht werden.
Seit Jahrzehnten bereits protestieren Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, Human Rights Watch aber auch die Europäische Kommission gegen Menschenrechtsverletzungen in der Türkei. Diese Menschenrechtsverletzungen werden nicht nur gegenüber politischen Gegnern der Regierung begangen, sondern auch gegenüber Minderheiten, insbesondere gegenüber der kurdischen Bevölkerung der Türkei. Sie sind auch gerichtet gegen Anwältinnen und Anwälte, die den Mut haben, Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu vertreten.

Seit Anfang 2009 wurden auf der Grundlage der türkischen Anti-Terror-Gesetze von 1991 – nach inoffiziellen Schätzungen fast 8.000 mutmaßliche KCK-Mitglieder festgenommen. Die KCK ist die Union der kurdischen Gemeinden, ein von Abdullah Öcalan gegründeter politischer Dachverband, dem von der türkischen Regierung Verbindung zur PKK vorgeworfen wird. Mehr  als die Hälfte der Festgenommenen sollen immer noch inhaftiert sein. Die türkische Regierung hat auf die besorgte Anfrage der Europäischen Kommission im Oktober 2011 zumindest die andauernde Inhaftierung von 605 Personen eingeräumt.

Das zentrale Verfahren gegen vermeintliche Mitglieder der KCK/TM begann am 18. Oktober 2010 vor der 6. Großen Strafkammer in Diyarbakir. Von den 151 Angeklagten befanden sich 103 in Untersuchungshaft. Unter ihnen sind auch 8 Anwälte. Am 19. Oktober 2010 ebenso wie bei den folgenden Beweisaufnahmeterminen lehnte das Gericht den Antrag auf „Verteidigung in Kurdisch“ ab. Als Reaktion auf diesen Antrag wurden mehr als 100 VerteidigerInnen verhört.

Bei der Fortsetzung des Prozesses waren JuristInnen aus dem europäischen Ausland, unter ihnen Mitglieder der AED-EDL und der EJDM – als BeobachterInnen anwesend. Ein Anwalt aus Italien, der den Prozess beobachten wollte, wurde festgenommen und nach einem Tag abgeschoben.
Ende letzten Jahres am 22. November 2011 haben im Zusammenhang mit dem sogenannten KCK-Verfahren die Angriffe auf Anwälte in der Türkei einen bisher nicht erlebten Höhepunkt erreicht. Sie kulminierten in der Verhaftung von 36 türkischen und kurdischen Anwältinnen und Anwälten bei parallel durchgeführten Razzien in verschiedenen türkischen Städten. Ihre Büros wurden durchsucht. Viele der Anwälte waren aktiv als Verteidiger im KCK-Verfahren oder für Abdullah Öcalan. In ähnlicher Weise wurden am 20. Dezember 2011 Journalisten festgenommen, von denen 20 inhaftiert wurden.
Massenverhaftungen der oben genannten Art beruhen erfahrungsgemäß nicht auf individuell geprüften Vorwürfen. Sie tragen immer den Beweis des ersten Anscheins von Unrecht in sich. Dies drängt sich im vorliegenden Fall schon deswegen auf, weil viele der inhaftierten Anwälte als Verteidiger in den KCK-Verfahren gearbeitet oder Abdullah Öcalan verteidigt haben. Es ist nicht neu, dass Verteidiger mit ihren Mandanten gleichgesetzt bzw. identifiziert und allein deswegen verfolgt und bisweilen auch verurteilt werden.

Auf dem Kongress zur Prävention von Verbrechen und die Behandlung von Tätern der Vereinten Nationen im Jahr 1990 hat die Völkergemeinschaft in den „Basic Principles oft the Role of Lawyers“ unter anderem festgehalten:
•    dass die Mitgliedstaaten gewährleisten müssen, dass Anwältinnen und Anwälte ohne jede Beeinträchtigung ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen können,
•    dass die Mitgliedstaaten für den Fall, dass die Sicherheit von Anwältinnen und Anwälten bedroht ist, geeignete Sicherheitsmaßnahmen für deren Schutz zu gewähren haben,
•    dass Anwälte nicht mit ihren MandantInnen identifiziert werden dürfen.

AED-EDL, EJDM und IDHAE verurteilen aufs Schärfste das oben  beschriebene Vorgehen der türkischen Regierung gegen Anwältinnen und Anwälte in der Türkei und fordern:

  • Das türkische Anti-Terror-Gesetz aus dem Jahr 1991 schützt die Sicherheit des Staates auf Kosten der Freiheit und Sicherheit der Individuen. Es verletzt die internationalen Menschenrechte und muss daher aufgehoben werden.
  • Die unverzügliche Freilassung aller inhaftierten Anwältinnen und Anwälte und die Gewährleistung der ungehinderten Ausübung ihrer Verteidigerrolle
  • Ein faires Verfahren für die Angeklagten in den KCK Prozessen, einschließlich der uneingeschränkten Zulassung ausländischer BeobachterInnen
  • Eine internationale unabhängige Untersuchung der oben beschriebenen Vorgehens, mit dem Ziel die Verantwortlichen für die Verhaftungen und anderer Behinderungen der freien Ausübung der Anwaltstätigkeit,  wegen grundlegender Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Massenverhaftungen zum einen, aber auch die Beobachtung von rechtsstaatswidrigem Umgang mit unbotmäßig erscheinenden Anwältinnen und Anwälten durch die türkische Justiz veranlassen uns, den Tag des verfolgten Anwalts, der verfolgten Anwältin vor dem türkischen Konsulat in Düsseldorf zu begehen.

Am 24. Januar 2012 werden zeitgleich in Amsterdam, Barcelona, Berlin, Bern, Brüssel, Düsseldorf, Den Hag, Hamburg, Madrid, Mailand, Paris, Rom, Sevilla und Utrecht vor türkischen Botschaften und Konsulaten Kundgebungen stattfinden. Juristinnen und Juristen aus Düsseldorf und den umliegenden Kammerbezirken beteiligen sich an dieser Initiative und unterstützen die Forderungen der Initiatoren.

Die Aktionen zum Tag des bedrohten Anwalts werden in Deutschland bisher unterstützt von dem/der

  • Institut der Menschenrechte der Europäischen Anwältinnen und Anwälte (IDHAE)
  • Rechtsanwaltskammer Berlin
  • Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. (RAV)
  • Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ

Professor Bill Bowring, Rechtsanwalt, Präsident der EJDM, London
www.ejdm.eu
Gilberto Pagani, Rechtsanwalt, Präsident der AED-EDL, Mailand
www.aed-edl.net
Bertrand Favreau, Rechtsanwalt, Präsident der IDHAE, Paris
www.iedae.org
Thomas Schmidt, Rechtsanwalt, Generalsekretär der EJDM, Düsseldorf
Hans Gaasbeek, Rechtsanwalt, Vizepräsident der AED-EDL, Haarlem

Für weitere Auskünfte:
V.i.S.d.P. Thomas Schmidt (Rechtsanwalt), Platanenstr. 13, 40233 – Düsseldorf, Tel. 0211 – 444 001

Text der Presse-Erklärung (pdf-Datei)

Text der Petition (pdf-Datei)